29.04.2024 20:02

Gedämpfte Stimmung in der Industrie

(Freiburg) Trotz anderslautender Meldungen aus der Politik und von den großen Wirtschaftsforschungsinstituten bleibt die Stimmung in der baden-württembergischen Industrie eher gedämpft.

„Die konjunkturelle Wende mag sich weit am Horizont abzeichnen, in der Breite schlägt sich die Krise jetzt erst so richtig in den Zahlen nieder. Die Bundesregierung muss sich dringend auf einen Plan einigen, der die strukturellen Probleme des Landes angeht. Wir brauchen niedrigere Energiepreise, deutlich weniger Bürokratie und eine international wettbewerbsfähige Steuerbelastung. Mit einer schwächelnden Wirtschaft rückt nicht nur die Dekarbonisierung in weite Ferne“, so Christoph Münzer, Hauptgeschäftsführer des wvib in Freiburg.

Für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2024 meldeten die wvib-Mitgliedsunternehmen ein Umsatzminus von 1 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres. (Q1 2023: 20,1 Prozent). Im Gesamtjahr 2023 lag das Umsatzplus bei 3,1 Prozent.

Im ersten Quartal 2024 vermeldeten lediglich 30,9 Prozent der befragten Unternehmen gestiegene Umsätze. (Q1 2023: 73,2 Prozent). 61,9 Prozent notierten dagegen sinkende Umsätze (Q1 2023: 19,6 Prozent). Im Gesamtjahr 2023 waren die Umsätze dagegen bei 57,3 Prozent der Befragten gestiegen und bei 38,9 Prozent gesunken.

Die Aussichten sind ebenfalls wenig positiv: 25,9 Prozent erwarten in den nächsten sechs Monaten steigende Umsätze (Q1 2023: 32,4 Prozent). Dagegen rechnen 22,3 Prozent in den nächsten sechs Monaten mit geringeren Umsätzen. Im ersten Quartal 2023 gingen 17 Prozent von sinkenden Umsätzen aus.

Verrechnet man positive und negative Umsatzentwicklung, so erhält man einen Wert für die Geschäftslage der Unternehmen. Analog dazu ist die Geschäftserwartung der Saldo aus positiver und negativer Umsatzerwartung. Aus dem Mittel zwischen Geschäftslage und Geschäftserwartung bildet sich das wvib-Geschäftsklima.

Zum Ende des ersten Quartals lag die wvib-Geschäftslage bei minus 30,95 Punkten und damit auf dem tiefsten Punkt seit Anfang 2020 (Gesamtjahr 2023: 18,4; 1. Quartal 2023: 53,6). Die Geschäftserwartung in der Schwarzwald AG liegt derzeit bei 3,67 Punkten und damit über dem Wert zum Ende des Jahres. Damals lag der Wert bei minus 12,5 Punkten. In Summe sinkt das wvib Geschäftsklima von 2,3 Punkten auf ein Minus von 14,4. Zu diesem Wert trägt vor allem die schlechte Geschäftslage bei. Der Erwartungen sind aktuell besser als zuletzt. Zur Erinnerung: Zum 1. Quartal 2023 lag das Geschäftsklima noch bei 33,7 Punkten.

Auch beim Auftragseingang bestätigt sich das Bild: Im Vergleich zum 1. Quartal des Vorjahres sank der Auftragseingang bei den befragten Unternehmen um 1,7 Prozent. Zum Gesamtjahr 2023 verzeichneten die Unternehmen noch ein Minus von 4,1 Prozent. Im ersten Quartal des Vorjahres stand dagegen ein Minus von 1,2 Prozent.

Bei 36,3 Prozent verbesserte sich der Auftragseingang, während er sich bei 50,7 Prozent verschlechterte. Zum Gesamtjahr 2023 hatte sich der Auftragseingang bei 31,6 Prozent noch verbessert, im ersten Quartal 2023 verzeichneten 42,3 Prozent der Befragten eine verbesserte Auftragslage. Damals war bei 40,8 Prozent der Befragten der Auftragseingang gesunken. Zum Gesamtjahr 2023 gaben 54,1 Prozent gesunkene Aufträge an.

Auch beim Blick in die Zukunft sind die Unternehmen pessimistischer: Aktuell erwarten 25,4 Prozent der Befragten für die nächsten sechs Monate einen steigenden Auftragseingang, 19,6 Prozent rechnen mit weniger Aufträgen. Zum Gesamtjahr gingen 26,2 Prozent von einem steigenden Auftragseingang aus, 29 Prozent rechneten damals mit weniger Aufträgen.

Das Zwischenfazit von wvib-Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer: „Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit. Die Realitäten des industriellen Mittelstandes sind in Berlin noch nicht angekommen. Die Unternehmen wünschen sich nichts sehnlicher als eine Politik, die spürt, wie es der Wirtschaft geht und die daraus die richtigen Maßnahmen hin zu mehr Angebotspolitik ableitet.“