01.10.2019 15:35

Privatschule im Schloss möglich

(Heitersheim) Die Stadt Heitersheim hat für das Malteserschloss und die dortige Umgebung mit Beschluss vom 04.04.2017 ein Sanierungsgebiet festgelegt und eine entsprechende Satzung erlassen. Die damaligen Sanierungsziele orientierten sich an den bis dahin in einer Klausurtagung entwickelten und in Gemeinderatssitzungen verabschiedeten Konzeption Malteserschloss. Dadurch hat die Stadt die Voraussetzungen für ein gesetzliches Vorkaufsrecht geschaffen und weitere baurechtliche Einflussmöglichkeiten gewonnen.

Der Eigentümer des Malteserschlosses in Heitersheim, der Orden der barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul, beabsichtigt nun das Gesamtareal Malteserschloss an private Investoren zu veräußern, die die Räumlichkeiten des Malteserschlosses als internationale englischsprachige Privatschule nutzen wollen. Das Projekt, an dem der BZ Herausgeber und United World College (UWC) Chairman Christian Hodeige, sowie die Chinesischen Investoren Mark Wang und Baodong Shi beteiligt sind, soll konzeptionell eng an die in Freiburg bestehende UWC Schule angelehnt werden. Das Projekt wurde dem Gemeinderat in öffentlicher Sitzung am 14. Mai 2019 umfassend vorgestellt. Es ist beabsichtigt 350 Schüler in drei Jahrgängen bis zum Abschluss Internationales Baccalaureate (IB) zu unterrichten.

Bereits in der nicht-öffentlichen Sitzung vom 9. April 2019 hat der Gemeinderat den Bürgermeister beauftragt mit der Gruppe um Hodeige und den Eigentümern des Schlosses Verhandlungen aufzunehmen. Der Gemeinderat hat dabei als Oberziele unter anderem festgelegt, dass das Museum im Schloss erhalten werden soll, dass das Schloss als Denkmal erhalten und gesichert werden soll, und dass der Bereich und die Innenhöfe des Malteserschlosses in ähnlicher Weise zugänglich bleiben wie bisher.

Die wesentlichen sieben Verhandlungsergebnisse, die mittels eines notariell beurkundeten städtebaulichen Vertrages gesichert werden sollen, lauten in verkürzter Form:

1. Die Stadt erhält zwischen 10:00 Uhr und 18:00 Uhr ein durch Dienstbarkeit gesichertes Wegerecht zugunsten der Allgemeinheit für wesentliche Teile des Grundstücks, insbesondere die beiden Innenhöfe, den Kräutergarten und die Fußwege im nordöstlichen Bereich.

2. Die Stadt erhält ein durch Dienstbarkeit gesichertes weitgehend kostenfreies Nutzungsrecht an den Räumen des Museums.

3. Der Käufer verpflichtet sich, die Veranstaltungen Fronleichnamsprozession, Schlosskonzert und Kunsthandwerkermarkt weiterhin zu gestatten.

4. Nach Absprache im Einzelfall können auch weitere Veranstaltungen (kunsthistorische Führungen, Tag der offenen Tür etc.) im Schloss durchgeführt werden.

5. Die Stadt erhält ein dingliches Vorkaufsrecht für alle zukünftigen Verkaufsfälle.

6. Die Stadt erhält ein dinglich gesichertes Ankaufsrecht zum Verkehrswert. Dieses greift wenn der jeweilige Eigentümer das Schloss entweder in wesentlichen Teilen ungenutzt lässt oder vorsätzlich bzw. grob fahrlässig gegen denkmalschutzrechtliche Pflichten verstößt.

7. Stipendium: Der Schulträger verpflichtet sich, jedes Jahr eine Schülerin oder einen Schüler aus Heitersheim kostenlos in die Privatschule aufzunehmen.

Über die zusätzlichen Einwohner entstehen der Stadt in den ersten beiden Jahren voraussichtlich zusätzliche Zuweisungen (FAG u.a.) von 444 Tsd. und 528 Tsd. EUR, ab dem dritten Jahr in Höhe von ca. 235 Tsd. EUR pro Jahr. Durch die zusätzliche Kaufkraft der Schüler und Ihrer Familienangehörigen und zu erwartende Gewerbesteuereinnahmen entstehen der Stadt erhebliche finanzielle Vorteile. Zusätzliche finanzielle Belastungen sind nicht zu erwarten.

In der Stadt wird die vorgesehene neue Nutzung des Schlosses seit Monaten kontrovers diskutiert. Es hat sich eine Bürgerinitiative Malteserschloss e.V. gegründet, die die internationale Privatschule verhindern will. Dabei wird auch das Alternativkonzept analog der von der Stadt erarbeiteten Konzeption Malteserschloss in Erwägung gezogen und nach alternativen Nutzungen gesucht. Dieses Alternativkonzept wird allerdings vom Eigentümer nicht gewollt. Das Alternativkonzept sieht vor, dass die Stadt Heitersheim, eventuell im Zusammenwirken mit einer Stiftung oder einer GmbH, das Malteserschloss erwirbt. Im zweiten Schritt sollen im Malteserschloss verschiedene Nutzungsmöglichkeiten wie Wohnraum, Gastronomie, ein Kinderhospiz oder Büroflächen der Stadt untergebracht werden.

Der Gemeinderat hat daher in der Sitzung vom 02.07.2019 beschlossen hinsichtlich des Alternativkonzeptes eine Grobkostenschätzung zu beauftragen. Demnach würden die Umbau- und Sanierungskosten zwischen 12,5 bis 19 Mio. EUR betragen. Der Kaufpreis ist nicht eingerechnet und es bestehen weitere Kostenrisiken.

Diese Summe entspricht in etwa den von den Investoren ermittelten Kosten für die Internationale Privatschule, die einen Kostenrahmen (inkl. Kaufpreis) von insgesamt 18-25 Mio. EUR angegeben hatten.

Für die Sitzung am 8. Oktober 2019 empfiehlt die Stadtverwaltung dem Gemeinderat dem städtebaulichen Vertrag – und damit dem Projekt Privatschule – zuzustimmen.

Die wesentlichen Gründe sind:

Die Verhandlungsziele der Stadt sind voll umfänglich erreicht. Insbesondere die umfassenden Ankaufs- und Vorkaufsrechte sichern das Denkmal dauerhaft und gewährleisten auch weiterhin den Zugriff der Stadt. Der Zugang der Öffentlichkeit bleibt nicht nur erhalten, sondern kann durch den städtebaulichen Vertrag auch dauerhaft für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Heitersheim gesichert werden. Die Belegung der Privatschule wird sich über Zuweisungen, Gewerbesteuer und Kaufkraft finanziell positiv für die Stadt auswirken.

Darüber hinaus ist über Stipendien für Heitersheimer Schüler ein ständiger Austausch gesichert. Die Einrichtung der internationalen Privatschule ist geeignet das Renommee der Stadt Heitersheim zu verbessern. Erstmals kann mit dem Internationalen Baccalaureate (IB) auch eine Hochschulreife in Heitersheim erworben werden.

Der Eigentümer präferiert nach wie vor die Einrichtung der internationalen Privatschule. Das Alternativkonzept ist mit erheblichen Kostenrisiken für die Stadt verbunden.