14.10.2019 18:05

Geschäftslage trübt sich ein

(Konstanz) Die Erwartungen über den weiteren Verlauf der Konjunktur sind zum Herbst bei den Unternehmen im IHK-Bezirk Hochrhein-Bodensee deutlich zurückgegangen.

„Der von der IHK errechnete Index für das Konjunkturklima in der Region gibt gegenüber der Befragung im Frühjahr um 12 Punkte auf 118 Punkte nach und ist damit auf dem niedrigsten Stand seit 2009“, so Alexander Graf, der bei der Kammer in Konstanz für die Konjunkturumfrage zuständig ist. Damit liegt die Region zwar über dem Landesschnitt, aber sowohl die Geschäftslage als auch die Erwartungen haben sich im Jahresverlauf damit weiter eingetrübt. Sorgen bereiten zunehmend die Entwicklungen der Inlands- und Auslandsnachfrage.

Geschäftslage noch gut

Die Stimmung der Unternehmen in der Region ist deutlich gesunken. Die Einschätzung der Geschäftslage bei den Unternehmen – gemessen anhand des „Lage-Indikators“ sinkt von sehr guten 153 Punkten im Frühjahr auf noch gute, aber deutlich reduzierte 138 Punkte. Niedriger war dieser Indikator zuletzt im Jahr 2013. So ist der Anteil derjenigen, die eine gute Lage angeben, von 57,1 Prozent im Frühjahr auf 44,8 Prozent im Herbst zurückgegangen. Weitere 48,8 Prozent der Betriebe geben ihre aktuelle Lage als befriedigend und 6,4 Prozent als schlecht an. Und auch bei der Ertragslage zeigen sich Verschiebungen. So sprechen nur noch rund 37 Prozent der Betriebe von einer guten Ertragslage. Mit ihrem Ertrag nicht zufrieden sind dagegen mittlerweile 13 Prozent der Unternehmen.


Industrie mit gedrosselter Auslastung

Die Einschätzung der Industrieunternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee liegt – wie im Frühjahr – einmal mehr unter der der Gesamtwirtschaft. Der Anteil der Unternehmen im produzierenden Gewerbe, die die Geschäftslage als gut bezeichnen, sinkt seit Jahresbeginn kontinuierlich und beträgt nur noch rund 44 Prozent (Jahresanfang: 74 Prozent). Entsprechend ist auch der Anteil der Unternehmen, die ihre Lage als schlecht bezeichnen, im Verlauf des Jahres von 4 auf rund 10 Prozent gestiegen. Bemerkbar macht sich dies auch bei den Umsätzen, die bei rund 43 Prozent der Produktionsbetriebe im Vergleich zum Vorjahresquartal gesunken sind. Auch der Auslastungsgrad der Kapazitäten in der regionalen Industrie ist weiter rückläufig und liegt mit nun rund 84 Prozent unter dem langjährigen Mittel.
Und auch bei der Entwicklung der Auftragseingänge zeigt die Tendenz nach unten. Im produzierenden Gewerbe nimmt die Zahl der Unternehmen mit fallendem Auftragseingang zu. So berichten rund 38 Prozent von zurückgehenden Auftragseingängen aus dem Inland und rund 41 Prozent von sinkenden Eingängen aus dem Ausland.


Dienstleistungsbereich positiv

Im Dienstleistungsbereich ist ein leichter Rückgang der Geschäftslage zu verzeichnen, allerdings berichten immer noch mehr als die Hälfte der Unternehmen (53 Prozent) von guten Geschäften. Weitere rund 40 Prozent sind mit ihrer aktuellen Lage zufrieden und nur rund 7 Prozent befinden sich in einer schlechten Lage. Beim Umsatz können 44 Prozent eine Steigerung gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal verzeichnen. Rund 45 Prozent der Dienstleister bezeichnen ihre Ertragssituation als gut, 43 Prozent sind aktuell damit zufrieden.
Die derzeitige Tendenz beim Auftragsvolumen zeigt sich bei 39 Prozent der Dienstleistungsbetriebe gleichbleibend. 35 Prozent können ein steigendes Volumen verzeichnen, bei 26 Prozent ist die Tendenz dagegen fallend. Es scheint, als sorge die anhaltend gute Binnennachfrage gerade auch bei den Dienstleistungsunternehmen in der Region weiter für eine gute Konjunkturlage.


Handel zufrieden

Die Einschätzung der Geschäftslage im Handel fällt zu Beginn des Herbstes positiver aus als noch vor einem Jahr. Hier bezeichnen insgesamt 96,9 Prozent der Betriebe ihre aktuelle Lage als gut oder befriedigend und nur 3,4 Prozent sprechen von einer schlechten Geschäftslage. Dies äußert sich entsprechend auch in der Bewertung von Umsatz und Ertrag. So berichten 29 Prozent der Betriebe von – gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal – gestiegenen Umsätzen. Der Großteil der Händler in der Region, rund 69 Prozent, ist mit der Ertragslage zufrieden und rund 21 Prozent bezeichnen diese als gut.


Erwartungen für die kommenden zwölf Monate

Die Erwartungen der Unternehmen an die Entwicklung der kommenden zwölf Monate sind deutlich zurückhaltender. Rund zwei Drittel der Unternehmen geht von gleichbleibenden Geschäften aus. Die Zahl der Unternehmen, die von einer Verbesserung oder Verschlechterung ausgehen, hält sich mit jeweils rund 17 Prozent die Waage.
Insbesondere unter den Produktionsbetrieben nimmt die Zahl der Betriebe, die von einer schlechteren Entwicklung ausgehen, zu. So sinkt der Index für die Geschäftserwartungen abermalig von 109 auf nunmehr 95,5 Punkte. Von einer gleichbleibenden Entwicklung gehen im produzierenden Gewerbe rund 51 Prozent aus – ähnlich im Herbst 2018. Allerdings sinkt die Zahl derer, die einen positiveren Geschäftsverlauf erwarten auf 22 Prozent (Vorjahr: 43 Prozent), während sich die Zahl mit sinkender Erwartung auf rund 27 Prozent (Vorjahr 6 Prozent) erhöht. Und auch bei den Exporterwartungen für die kommenden zwölf Monate steigt die Zahl der Unternehmen, die mit fallenden Exporten rechnen von 17 auf 30 Prozent an.
In der Dienstleistungsbranche geht der Großteil der Unternehmen von konstanten Geschäften aus (rund 68 Prozent). Gegenüber der Frühjahrsbefragung hat sich die Zahl der Unternehmen, die für die kommenden Monate von einer Verbesserung der Geschäfte ausgehen, von 34 auf 20 Prozent verringert. Eine Verschlechterung der Geschäftsentwicklung prognostizieren aktuell nur rund 12 Prozent der Dienstleister.
Bei den Handelsbetrieben rechnen über 70 Prozent damit, dass die Geschäfte gleichbleibend verlaufen werden. Reduziert haben sich gegenüber der Befragung im Frühjahr die Betriebe, die in den kommenden Monaten verbesserte Geschäftsverläufe erwarten. Ihr Anteil ist von 20 auf 16 Prozent gesunken, während sich gleichzeitig aber auch der Anteil der Unternehmen, die eine Verschlechterung vorhersehen, von 20 auf 13 Prozent reduziert hat.

Investitionsabsichten

Einen Rückgang gegenüber dem Frühjahr gibt es bei den inländischen Investitionsabsichten der Unternehmen zu verzeichnen. So geht die Zahl der Unternehmen, die mit steigenden Investitionen planen, von 34 auf 26 Prozent zurück, während sich gleichzeitig auch der Anteil der Unternehmen, die die Inlandsinvestition in den nächsten zwölf Monaten zurückfahren werden, von 12 auf 27 Prozent erhöht. Die Einschätzung der Investitionsabsichten liegt damit unter dem langjährigen Mittel der vergangenen 15 Jahre. Verwendet werden sollen die Mittel insbesondere zur Beschaffung von Ersatzbedarfen (67 Prozent), für Digitalisierungsvorhaben (53 Prozent) sowie zur Einführung weiterer Innovationen (44 Prozent).

Konjunkturelle Risiken

Die Entwicklung der Inlandsnachfrage (49 Prozent) sowie der Auslandsnachfrage (33 Prozent) sind neben dem Bedarf an qualifizierten Fachkräften (64 Prozent) die am häufigsten genannten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen für die kommenden Monate. Insbesondere unter den Dienstleistungsbetrieben (74 Prozent) und im Handel (59 Prozent) sehen die Betriebe im Fachkräftebedarf die größte Herausforderung. Die Inlandsnachfrage ist als Geschäftsrisiko seit Ende 2018 wieder zurück in den Fokus gerückt. Insbesondere der Handel und die Dienstleistungswirtschaft profitieren von einem guten Konsumklima und sind entsprechend abhängig von der binnenwirtschaftlichen Konjunktur. Aber auch in der Industrie ist die Sorge über eine nachlassende Binnennachfrage seit der Vorumfrage nochmals stark gewachsen und nun zusammen mit der Auslandsnachfrage, zurückzuführen auf die Abkühlung der Weltkonjunktur, als höchstes Risiko bewertet (jeweils rund 62 Prozent). Umso wichtiger erscheint es, Rahmenbedingungen zu setzen, die die Inlandsnachfrage und insbesondere die Investitionsquote des privaten und öffentlichen Sektors erhöhen. Mögliche fiskalische Stimuli für Unternehmen könnten hier hilfreich sein. Die Vorzeichen für den privaten Konsum bleiben günstig, auch weil die privaten Einkommen zuletzt merklich gestiegen sind, die Inflation steigt nur mäßig.
Vergleichbar wenig Sorgen machen sich die Unternehmen dagegen über Finanzierungsfragen (4 Prozent) und Wechselkurse (12 Prozent).

Verstärkte Bemühung um Fachkräfte

Zum Herbst 2019 hat die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen in der IHK-Region leicht abgenommen. Noch rund 19 Prozent der befragten Unternehmen geben an, in den kommenden Monaten weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen zu wollen. Mit weniger Beschäftigten planen rund 18 Prozent der Betriebe, wohingegen die Mehrheit von rund 63 Prozent für die kommende Zeit mit einer gleichbleibenden Zahl rechnen.

In der Umfrage geben rund 68 Prozent der beteiligten Unternehmen an, derzeit offene Stellen nicht besetzen zu können, da passende Fachkräfte nicht gefunden werden. Reagieren wollen die Unternehmen auf diesen Fachkräfteengpass insbesondere mit verstärkter Ausbildung (60 Prozent), der Steigerung der Arbeitgeberattraktivität (56 Prozent) sowie mit mehr Weiterbildung der Beschäftigten (55 Prozent). Eine Vielzahl von Unternehmen – rund 42 Prozent – hat in den vergangenen Jahren bereits Fachkräfte aus dem Ausland eingestellt. Eine gezielte Anwerbung von Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern planen aktuell aber nur 12 Prozent der regionalen Unternehmen. Das am 1. März 2020 in Kraft tretende Fachkräfteeinwanderungsgesetz könnte dies zukünftig erleichtern.