18.08.2019 15:20

Begeisterung für Rigoletto

(Bregenz) Die zu Ende gehende Festspielsaison 2019 sorgt für zufriedene Gesichter unter den Wirtschaftstreibenden der Region. Zufrieden dürfen jedoch ab Sonntag auch viele andere zurückblicken, die von außerhalb wesentlich zum Gesamterlebnis Bregenzer Festspiele beigetragen haben

Aber auch Rigoletto selbst sorgt für ausverkaufte Plätze - rund 180000 Besucher kommen bis Sonntag abend an den See - es gab drei Verlegungen in den Saal in diesem Sommer.

Steigende Nachfrage für die Anreise mit dem Schiff

Die entspannteste Art, die Bregenzer Festspiele zu besuchen, führt zweifelsfrei übers Wasser. Gleich mehrere Möglichkeiten dazu bietet die Bodenseeschifffahrt BSB. Beispielsweise mit der „Festspiel-Kreuzfahrt“ ab Konstanz, Meersburg und Friedrichshafen samt 3-Gänge-Menü auf dem Hinweg und einer Mitternachtssuppe auf der Rückfahrt. „Die Fahrten sind sehr gut gebucht in diesem Jahr“, berichtet Christopher Pape von den BSB, „auch der Schiffs-Shuttle von Bad Schachen und Lindau direkt zur Seebühne wird sehr gut angenommen.“ Auch hier zeigt sich die Wirkung des Bühnenbildes, schildert Christopher Pape den Verlauf der Nachfrage: „Nachdem die ersten Bilder des Clowns über die Medien verbreitet waren, zog die Nachfrage spürbar an. Wenn die neue Seebühne visualisiert ist, steigt die Lust, die Bregenzer Festspiele zu besuchen.“

Heimische Wirtschaft profitiert

Robert Vögel führt in dritter Generation ein Fachgeschäft für Schuhe und Accessoires in der Bregenzer Innenstadt. Mit einer Rigoletto-Aufnahme als Titelbild der Facebook-Seite des Unternehmens weist er sich als Festspiel-Fan aus: „Für den Handel sind die Bregenzer Festspiele enorm wichtig. Wir sind froh, dass wir sie haben. Als Besucher kommt man in die Stadt und man kauft auch ein.“ Dieses Jahr so viel wie noch nie. „Es läuft hervorragend!“ Robert Vögel schreibt das nicht zuletzt dem ikonischen Bühnenbild der Seeaufführung zu: „Wir hören von unseren Kunden unglaublich gute Kritiken.“

Diese Erfahrung deckt sich auch mit jener von Barbara Fesenmayr. Sie betreibt ein Bregenzer Traditionshotel und ist Vorstandsmitglied der Wirtschaftsgemeinschaft: „In der Festspielsaison bin ich 24/7 da. Am Morgen und am Abend ist das Gespräch mit unseren Gästen sehr wichtig und sie kommen alle außer Rand und Band von den Festspielen zurück. Das Bühnenbild begeistert sie total!“ Auch persönlich hält sie es „für eines der besten überhaupt“. Was den Hotelbetrieb selbst angeht: Eine „super Saison“ und während der Festspielzeit „nicht mehr zu toppen“.

„Die Bregenzer Festspiele sind bei der Vermarktung wahnsinnig stark unterwegs“, zollt Robert S. Salant, Geschäftsführer der Bregenz Tourismus und Stadtmarketing GmbH, großen Respekt: „Davon profitiert ganz Bregenz.“ Eine Verschiebung bei der Gästestruktur hat Salant dieses Jahr ausgemacht: „Der Anteil der Gäste aus Frankreich lag deutlich höher als sonst. Franzosen haben erstmals die Italiener überholt.“ Das Warum ist noch nicht ergründet, aber man wisse: „Französische Urlauber sind sehr an Kulinarik und Kultur interessiert. Da liegen wir mit unserem Angebot richtig.“

Blühende Flaniermeilen

„Die Bregenzer Festspiele sind eine große Herausforderung für unsere Mitarbeiter.“ Die gewohnten Dienstpläne sind dann außer Kraft gesetzt, sagt Jürgen Kiesenebner, Leiter der Bregenzer Stadtgärtnerei. „Ob Samstag, Sonn- oder Feiertag, die Ersten fangen um halb Sechs am Morgen an, und jeden Abend kommen noch einmal zwei Extrastunden dazu.“ Die permanente Aufmerksamkeit der Stadtgärtner gilt den umfangreichen Grünanlagen und Blumenbeeten zwischen Festspielhaus und Hafen. Sie wollen betreut sein, denn auch künstlich angelegte Natur ist vergänglich.

Die Arrangements wechseln jedes Jahr. Bereits jetzt laufen die Planungen, wie sich die Flaniermeile zu den Bregenzer Festspielen 2020 präsentieren wird. „Dieses Jahr war das Thema Bienenpracht und Futterpflanzen für Insekten“, erklärt Jürgen Kiesenebner. Die Intention wird vermutlich nur Fachleuten aufgefallen sein: „Wir wollen nicht nur etwas fürs Auge bieten, sondern auch zur Biodiversität beitragen. Deshalb hatten wir unter anderem viele verschiedene Arten von Basilikum ausgewählt, die ganz unterschiedlich blühen und wichtig für Bienen und Insekten sind.“

Dein Freund und Helfer

Rund 250.000 Besucher wollen in einer Kleinstadt wie Bregenz erst einmal „gelenkt“ werden. Eine maßgebliche Rolle spielt dabei die Exekutive. Zusammen mit einem Beamten der Bundespolizei, der die Ampelanlage der B 202 regelt, sorgen jeden Abend zwei Beamte der Stadtpolizei beim Festspielparkplatz für die reibungsfreie Zu- und Abfahrt: „Es wird von Jahr zu Jahr besser. Früher wurden manche Autofahrer etwas nervös… ich habe das Gefühl, die Autofahrer haben sich daran gewöhnt, dass es seine Zeit braucht“, sagt Rainer Rauch, der stellvertretende Kommandant der Stadtpolizei. Spätestens um 0.30 Uhr war der Einsatz jeweils vorbei. Es gab in dieser Saison „überhaupt keine Probleme“, außer diesen: „Ab und zu mussten wir Leute zu ihrem Bus führen, den sie nicht mehr gefunden haben.“ Die Polizei, dein Freund und Helfer.

Auch die österreichische Seepolizei kommt hier ins Spiel. Sie sorgt dafür, dass – und in diesem Fall wirklich buchstäblich – hinter der Kulisse alles seine geordneten Bahnen findet. Die Seepolizei patrouilliert mit dem Boot „V 20“ und dem kleineren „V 22“ regelmäßig den Bereich, wo der eine und andere Freizeitkapitän vor Anker geht, um auf der Rückseite der Seebühne den Abend zu genießen. „Das ist nicht verboten“, erklärt Seepolizei-Kommandant Bernhard Aigner, „aber es gilt eine gesperrte Zone von rund 50 Metern.“ Es geht darum, weder durch Lärm oder Licht die Aufführung zu stören. „Wir hatten heuer diesbezüglich keine Beschwerden. Es kommt zwar immer wieder mal vor, dass jemand in die Sperrzone gerät, doch das sind meistens Paddler.“ Und die seien einerseits leise und andererseits sofort einsichtig.

Kulturangebot ist identitätsstiftend

Marktforschung fällt bei Vorarlberg Tourismus in die Zuständigkeit von Brigitte Plemel. Das einzelne Event, sagt sie, ist kein Hauptmotiv für einen Urlaub in Vorarlberg, doch werde es freilich genutzt. Plemel zitiert aus einer Untersuchung von 2018: „Neun Prozent geben an, Kulturveranstaltungen zu besuchen, elf Prozent Nennungen gibt es auch für ,Musikveranstaltungen besuchen’.“ Kultur spielt somit als Wirtschaftsfaktor und identitätsstiftendes Merkmal einer Region eine immer stärkere Rolle. Nachfrage treffe auf Angebot und umgekehrt. Ein Indikator sei die in den vergangenen Jahren enorm gestiegene Zahl an Veranstaltungsreihen in praktisch allen Regionen Vorarlbergs.

Die Bregenzer Festspiele als kultureller „Leuchtturm“ sorgen für
zwei der heutzutage wertvollsten Güter im Tourismus: Aufmerksamkeit und Bekanntheitsgrad. Mit einer Rekordauslastung von einhundert Prozent sind die angesprochenen Wechselwirkungen einmal mehr eindrucksvoll belegt.