20.04.2020 07:47

Der Grosse Rat tagt

(Basel) Aufgrund der aktuellen Lage tagt der Grosse Rat am 22. und 23. April im Congress Center Basel, da dort die Vorgaben des ...

Aufgrund der aktuellen Lage tagt der Grosse Rat am 22. und 23. April im Congress Center Basel, da dort die Vorgaben des Bundesamtes für Gesundheit umgesetzt werden können. Zu Beginn der Sitzung behandelt der Grosse Rat diejenigen regierungsrätlichen Massnahmen im Zusammenhang mit COVID-19, die ihm zur Genehmigung vorgelegt werden. Mit der Umsetzung der «Wohnschutzinitiative» steht weiter eine sehr umstrittene Vorlage zur Beratung an: Die beiden vorberatenden Kommissionen, die sich in Mehr- und Minderheiten spalten, legen diverse Änderungsanträge vor. Weiter liegen dem Grossen Rat die Revision der Mehrwertabgabe, Lärmschutzmassnahmen an der Osttangente sowie Staatsbeiträge für die Quartierarbeit vor. Auch zu diesen Vorlagen gibt es Änderungsanträge.

Massnahmen betreffend Coronavirus

Aufgrund des Coronavirus beschliesst der Grosse Rat zunächst über Änderungen im Parlamentsbetrieb. Die Ausführungsbestimmungen zur Geschäftsordnung halten fest, dass der Grosse Rat im Rathaus tagt. Die Durchführung der Grossratssitzung im Congress Center, wo im Gegensatz zum Rathaus die Anforderungen des Bundesamtes für Gesundheit eingehalten werden können, benötigt ein Zweidrittelmehr. Weiter kann das Parlament befristet digitale Kommissionssitzungen bewilligen.

Dem Grossen Rat liegen betreffend Coronavirus zudem zwei Regierungsbeschlüsse zur nachträglichen Genehmigung vor. Seit 21. März gilt ein befristeter Fristenstillstand einerseits in den kantonalen Verwaltungsverfahren (z.B. Einsprachen, Rekurse), weiter für das Sammeln von Unterschriften bei Initiativen und Referenden.

Umsetzung der Wohnschutzinitiative

Im Juni 2018 hat die Stimmbevölkerung die Initiative «Wohnen ohne Angst vor Vertreibung. JA zu mehr Rücksicht auf ältere Mietparteien (Wohnschutzinitiative)» angenommen. Der Regierungsrat will den Verfassungsauftrag mit Änderungen im Wohnraumfördergesetz umsetzen. So soll bei einem Leerwohnungsbestand bis 1,5% die Bewilligung zum Umbau, zur Sanierung oder zum Abbruch von preisgünstigen Wohnungen nur noch unter bestimmten Voraussetzungen erteilt werden. Bewilligungen sind mit einer anschliessenden Mietzinskontrolle verbunden und bei Sanierung oder Umbau muss den betroffenen Mietparteien ein Rückkehrrecht gewährt werden.

Die Bau- und Raumplanungskommission (BRK) und die mitberichtende Wirtschafts- und Abgabe-kommission (WAK) spalten sich je in eine Mehr- und Minderheit. Den Mehrheiten geht der Regierungsvorschlag nicht weit genug. Sie wollen einen markant höheren Anteil an Mietwohnungen dem Schutz unterstellen. Abbruchbewilligungen sollen gemäss BRK-Mehrheit nur noch erteilt werden, wenn in der Folge mindestens 20% mehr Wohnraum entsteht; die WAK-Mehrheit beantragt sogar 50%. Erschwert werden soll auch die Umwandlung von bestehendem Mietwohnraum in Stockwerkeigentum. Die Minderheiten stellen sich gegen zu starke Eingriffe in den Wohnraum und legen je eigene Anträge vor.

Revision der Mehrwertabgabe

Heute kann die Mehrwertabgabe nur für die Schaffung oder Aufwertung öffentlicher Grünanlagen in der Stadt verwendet werden. Neu möchte der Regierungsrat die Verwendung ausweiten auf öffentliche Grün- und Freiräume, die der Wohnumfeldaufwertung dienen und die in Ausnahmefällen auch ausserhalb des Stadt- und Kantonsgebiets liegen können. Der Abgabesatz soll von 50% auf 40% gesenkt, dafür soll auf gewisse Abzugsmöglichkeiten verzichtet werden. Die WAK beantragt, den Abgabezweck noch weiter, auch auf Massnahmen gegen die Klimaerwärmung und für mehr Biodiversität auszudehnen. Im Sinne eines Kompromisses stimmt sie der Senkung des Abgabesatzes zu, bei gleichzeitiger Erhöhung des Sockelfreibetrags von 10‘000 auf 20‘000 Franken. Weiter will die WAK die Ausgabekompetenz des Regierungsrats auf 1,5 Mio. Franken reduzieren.

Staatsbeiträge an Quartierorganisationen

Für 15 Quartiertreffpunkte, die zwei Stadtteilsekretariate Basel-West und Kleinbasel sowie die Quartierkoordination Gundeldingen beantragt der Regierungsrat insgesamt 8,2 Mio. Franken (2020 – 2023). In der Bildungs- und Kulturkommission waren die Beiträge an die Quartierkoordination Gundeldingen und an das Stadtteilsekretariat Kleinbasel umstritten. Die 8:5-Mehrheit der BKK knüpft die Beiträge an die Quartierkoordination Gundeldingen deshalb an Bedingungen. Die Minderheit formuliert solche zusätzlich auch für das Stadtteilsekretariat Kleinbasel.

Lärmschutzmassnahmen an der Osttangente

Für Lärmschutzmassnahmen an der Osttangente beantragt der Regierungsrat gut 5 Mio. Franken. Es geht um den Einbau von 1900 Schallschutzfenstern, eine Lärmschutzwand an der Schwarzwaldallee 62, eine Lärmschutzwand entlang der Galgenhügel-Promenade und um die Erstellung eines Vorprojekts für eine 260 Meter lange Überdeckung Breite West. Zusätzlich möchte der Regierungsrat eine Projektstelle im Amt für Umwelt und Energie einrichten. Die Umwelt-, Verkehrs- und Energiekommission wünscht betreffend Überdeckung Breite West zunächst die Gegenüberstellung von Varianten: Einhausung über 500 Meter, Einhausung über 260 Meter und Status quo. Sie beantragt, die Ausgabenbewilligung um das Vorprojekt zur Überdeckung Breite West und damit um 1 Mio. Franken zu kürzen.

Weitere Vorlagen und parlamentarische Vorstösse

Bei den weiteren Vorlagen geht es unter anderem um die Teilnahme des Kantons am Förderprojekt «Genuss aus Stadt und Land»; dem Grossen Rat werden dafür knapp 2 Mio. Franken beantragt (2020-2026). Es handelt sich um ein vom Bund gefördertes partnerschaftliches Geschäft mit Baselland zur Förderung regionaler Produkte und Dienstleistungen. Die Regiokommission betont die identitätsstiftende Funktion eines gemeinsamen Labels.

Aufgrund der speziellen Lage wurde die Tagesordnung so umgestaltet, dass vor neuen parlamentarischen Vorstössen zuerst die regierungsrätlichen Schreiben behandelt werden. Es liegen über 50 Schreiben vor.