Stagnation in der Wirtschaft
(Konstanz) Die Herausforderungen für die regionale Wirtschaft bleiben groß.
„Noch sind die von der neuen Bundesregierung angekündigten Versprechen für die Wirtschaft nicht so deutlich greifbar, als dass diese Impulse in der Wirtschaft sich im Konjunkturklima positiv bemerkbar machen“, so Alexander Graf, zuständig für die Konjunkturumfrage der IHK Hochrhein-Bodensee. „Die Auswirkungen von Ukrainekrieg, Nahostkonflikt und globalen Handelskonflikten führen weiter zu Verunsicherung bezüglich Nachfrage und Investitionen. All dies zeichnet sich in der regionalen Wirtschaftsentwicklung ab.“ Der von der IHK errechnete Index für das Konjunkturklima (bestehend aus einem Lage- und einem Erwartungsindikator) in der Region stagniert seit Jahresbeginn bei 102 Punkten. Für die kommenden Monate bleiben die Erwartungen in der regionalen Wirtschaft weiter verhalten.
Geschäftslage
Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage durch die Unternehmen ist im Vergleich zum Jahreswechsel leicht gesunken. Der Lageindikator liegt mit 109 Punkten wieder auf Vorjahresniveau und über dem aktuellen Landeswert von 104 Punkten. Insgesamt beurteilen etwas mehr als ein Viertel der an der Umfrage teilnehmenden Betriebe ihre momentane Geschäftslage als gut, 18 Prozent als schlecht. Der größte Teil der Unternehmen, 56 Prozent, kennzeichnet die Lage aktuell als befriedigend. Rückläufig entwickelt haben sich die Werte im Hinblick auf die Ertragslage. Zwar berichten auch hier aktuell 57 Prozent der Unternehmen von befriedigenden Erträgen, allerdings bezeichnen nur 17 Prozent der Befragten die derzeitige Lage als gut. Von einer schlechten Ertragslage sprechen dagegen 26 Prozent.
Industrie mit gesteigerter Auslastung
Der Indexwert für die Geschäftslage der Industrieunternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee hat sich gegenüber dem Jahreswechsel deutlich positiv entwickelt. Der Anteil der Unternehmen, die die Geschäftslage als „gut“ einschätzen, ist von 19 auf 31 Prozent gestiegen. Bei 58 Prozent der Betriebe ist diese befriedigend. Statt 25 Prozent in der letzten Umfrage berichten nur noch 11 Prozent der Produktionsbetriebe von einer schlechten Geschäftslage. Entsprechend ist der Auslastungsgrad der Kapazitäten in der regionalen Industrie wieder angestiegen. Er liegt mit rund 84 Prozent wieder auf Vorjahresniveau und höher als der Landesschnitt mit aktuell 77 Prozent.
Verbesserungen zeigen sich auch bei den Umsätzen insgesamt. Während bei den Inlandsumsätzen noch mehr Produktionsbetriebe von Rückgang (43 Prozent) als von Zunahme (21 Prozent) gegenüber dem Vorjahresquartal sprechen, zeigt sich der Saldo bei den Umsätzen aus dem Ausland dagegen positiv (31 Prozent gestiegen, 28 Prozent gesunken). Allerdings ziehen die Erträge nicht entsprechend mit. Hier steigt der Anteil derer, die von einer schlechten Ertragslage sprechen von 29 auf 33 Prozent an. Verbessert zeigt sich aber die Tendenz im Auftragseingang. Die Zahl derer, die einen steigenden Auftragseingang verzeichnen, steigt von 20 auf 28 Prozent. Von fallenden Tendenzen bei Aufträgen berichten 20 Prozent, gegenüber 33 Prozent zu Jahresbeginn. Insgesamt berichten somit wieder mehr Produktionsbetriebe von einer steigenden Tendenz im Auftragseingang als von einer fallenden Tendenz.
Regionaler Handel ohne Nachfrageimpulse
Eingetrübt hat sich die Geschäftslage im regionalen Handel. Waren es zu Jahresbeginn 24 Prozent der Händler, die von schlechten Geschäften sprachen, so ist diese Zahl auf aktuell 35 Prozent angewachsen. Gleichwohl gibt es auch ein kleines Plus bei den Handelsbetrieben, die von einer guten Geschäftslage berichten. Deren Zahl erhöht sich leicht von 10 auf 13 Prozent. Bei etwas mehr als der Hälfte der Betriebe zeichnet sich eine befriedigende Lage ab. Dabei berichten rund 64 Prozent der Betriebe von gegenüber dem Vorjahresquartal gefallenen Umsätzen. Entsprechend verschlechtert hat sich die Einschätzung der Ertragslage bei den befragten Händlern. Diese wird von 47 Prozent als befriedigend und von 40 Prozent mit schlecht angegeben. Der Grund liegt im zurückhaltenden Kaufverhalten der Kunden, welches 83 Prozent der Händler verzeichnen. Lediglich 17 Prozent attestieren ihren Kunden aktuell ein saisonübliches Kaufverhalten.
Dienstleistungsbereich mit Gegenwind
Der Dienstleistungsbereich ist auch im Frühjahr weiter überwiegend positiv, die Indikatoren zeigen sich seit Jahresbeginn allerdings deutlich rückläufig. So hat sich die Zahl der Dienstleister, die von einer guten Geschäftslage sprechen, von 59 auf 34 Prozent verringert. Der Anteil derer, die von einer schlechten Lage sprechen, ist von zehn auf 15 Prozent gestiegen. Und auch bei Umsatz und Ertrag sind die Anzahl Betriebe mit guten Zahlen deutlich gesunken. Beim Umsatz von 39 auf 14 Prozent und bei der Ertragslage von 51 auf 25 Prozent. Die Tendenz im aktuellen Auftragseingang zeigt, dass sich der Dienstleistungsbereich nicht von der unsicheren Konjunkturlage lösen kann. Während der Anteil der Dienstleister mit tendenziell steigendem Volumen von 24 auf 18 Prozent sinkt, berichten mit 27 Prozent der Befragten aber auch weniger Unternehmen als zu Jahresbeginn (32 Prozent) von einem fallenden Auftragsvolumen. Bei mehr als der Hälfte der Dienstleister zeichnet sich momentan ein gleichbleibendes Auftragsvolumen ab. Eine eingeschränkte Industrie- und Konsumnachfrage einerseits sowie gestiegene Arbeitskosten dürften hierbei eine dämpfende Rolle spielen.
Erwartungen für die kommenden Monate
Die Geschäftserwartungen in der Region Hochrhein-Bodensee verbessern sich leicht, bleiben aber weiter eingetrübt. Der Saldo (die Differenz zwischen den guten und den schlechten Erwartungen) verändert sich gegenüber dem Jahresbeginn leicht positiv und steht bei -4 Punkten. Aktuell sehen 60 Prozent der Unternehmen für die kommenden zwölf Monate gleichbleibende Geschäfte voraus, 18 Prozent rechnen mit einem besseren Geschäftsverlauf. Die Zahl der negativen Einschätzungen sinkt von 28 auf 22 Prozent. Insgesamt aber bleiben damit auch im Jahr 2025 weiterhin mehr Unternehmen für die nahe Zukunft pessimistisch als optimistisch.
Unter den Produktionsbetrieben haben sich die Erwartungen in Bezug auf die weitere Geschäftsentwicklung verbessert. Der Anteil der Produktionsbetriebe, die von einem gleichbleibenden Geschäftsverlauf ausgehen, steigt gegenüber dem Jahreswechsel von 45 auf 59 Prozent. Die Anzahl der Produktionsbetriebe, die eine Verbesserung der Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten erwarten, sinkt zwar leicht von 29 auf 26 Prozent; gleichzeitig geht die Anzahl der Betriebe, die mit schlechteren Geschäften rechnen, aber deutlich von 26 auf 15 Prozent zurück. Die Exporterwartungen insgesamt sind, trotz der schwer einzuschätzenden Zollpolitik der US-Regierung und deren Auswirkungen, bei 37 Prozent der Industriebetriebe in der Region positiv. Sie gehen von steigenden Exporten in den kommenden Monaten aus. Diesen gegenüber stehen 29 Prozent der Betriebe, die fallende oder gar keine Exporte in der nächsten Zeit voraussehen.
Unter den Dienstleistern im Kammerbezirk erwartet die Mehrheit (60 Prozent) gleichbleibende Geschäfte. Die Zahl der Optimisten, die bessere Geschäftsverläufe für die kommenden Monate prognostizieren, reduziert sich im Dienstleistungsbereich von 19 auf nunmehr 14 Prozent. Die Zahl der Pessimisten nimmt von 22 auf 26 Prozent zu.
Wenig Hoffnung auf Belebung sieht aktuell der Handel in der Region. Unter den Handelsbetrieben rechnen 51 Prozent mit gleichbleibenden Geschäften. Immerhin erwarten 15 Prozent wieder einen positiveren Geschäftsverlauf, während bei 34 Prozent der Betriebe ein negativer Ausblick besteht.
Wie zu Jahresbeginn, gehen die Unternehmen bei den Inlandsinvestitionen sehr verhalten vor. Diese liegen weiter deutlich unter dem langjährigen Mittel. Dabei zeigt sich insbesondere unter den Handelsbetrieben und im Produktionsbereich eine deutliche Zurückhaltung. So planen 50 Prozent der Produktionsbetriebe und 53 Prozent der Händler in der Region aktuell mit geringeren oder gar keinen Investitionen im Inland in den kommenden 12 Monaten. Unter den Dienstleistern liegt dieser Wert bei 29 Prozent.
Über alle Wirtschaftsbereiche hinweg stehen neben der Ersatzbeschaffung (77 Prozent) insbesondere Investitionen in die Digitalisierung (61 Prozent) im Vordergrund. Investitionen in Kapazitätserweiterungen werden aktuell nur von zwölf Prozent der Betriebe geplant.
Entsprechend vorsichtig agieren die Unternehmen aktuell beim Aufbau von Personal. So planen nur zwölf Prozent den Mitarbeiterstamm in den kommenden zwölf Monaten zu erhöhen, ein Viertel dagegen sieht tendenziell eher einen Abbau voraus. Der Großteil der Betriebe aber geht von einer konstanten Belegschaftsgröße aus.
Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung
Für den Konjunkturverlauf der kommenden Monate wird viel von den Entwicklungen des Krieges in der Ukraine und den weiteren Entwicklungen der Ausgestaltung des Welthandels abhängen. Gleichwohl liegt das aktuell von den Unternehmen in der Region am häufigsten genannte Geschäftsrisiko (63 Prozent der Unternehmen) in den gestiegenen Arbeitskosten. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Die Kaufzurückhaltung der Konsumentinnen und Konsumenten sowie die Investitionszurückhaltung im Inland bereiten den Unternehmen ebenfalls Sorgen (57 Prozent der Nennungen). Zudem erreicht die Nennung der Wirtschaftspolitik (50 Prozent) durch die Befragten einen Höchstwert im langjährigen Vergleich der Risiken für die Entwicklung der Unternehmen. Entsprechend ist die Politik gefordert, Vertrauen und Verlässlichkeit zu schaffen und die nationalen und europäischen Rahmenbedingungen so anzupassen, dass strukturelle Defizite behoben werden und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ermöglicht wird. Die angekündigten Vorhaben der neuen Bundesregierung sehen entsprechende positive Impulse für Investitionen des privaten und des öffentlichen Sektors in Innovationen und Infrastrukturen vor. Gepaart mit beschleunigten Planungsprozessen und einem in der Breite spürbaren Bürokratieabbau kann dies der Beginn einer positiven zukünftige Konjunkturentwicklung sein.