28.04.2020 13:11

Wasserbüffel im Auftrag des Regierungspräsidiums unterwegs

(Baden-Baden) Im Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe weidet im Naturschutzgebiet „Bruchgraben“ bei Baden-Baden, südlich des Autobahnzubringers, eine kleine Herde Wasserbüffel. Die Tiere sollen die Maßnahmen zum Schutz von bodenbrütenden Vogelarten unterstützen.

In den letzten Jahrzehnten ist ein landesweiter Rückgang der meisten Vogelarten, vor allem aber der Bodenbrüter bemerkbar. Einige dieser Arten sind selten geworden. Andere, wie der Kiebitz, gelten bundesweit als vom Aussterben bedroht. Für diese Art wurde ein dramatischer Bestandsverlust von 80 % in den letzten 25 Jahren verzeichnet. In den vergangenen Jahren konnten im Naturschutzgebiet „Bruchgraben“ vereinzelt Kiebitze nachgewiesen werden, die jedoch nicht zur Brut kamen. Das Naturschutzgebiet bei Baden-Baden ist in Baden-Württemberg auch eines der letzten Brutgebiete von Tüpfelsumpfhuhn und Bekassine. Auch diese Arten, die in feuchten Niederungen leben, sind vom Aussterben bedroht.


Die vielfältigen Biotope im Bruchgraben entstanden einst durch die Versumpfung eines mächtigen Flusssystems zum Ende der letzten Eiszeit. Ein Mosaik aus Feuchtbiotopen mit offenen Wasserflächen, Sumpf- und Niedermoor, Großseggen-Rieden, Schilfröhricht und Nasswiesen entwickelte sich. Diese für wasserabhängige Arten essentiellen Lebensräume haben sich jedoch aufgrund der Entwässerungsmaßnahmen zur landwirtschaftlichen Nutzung seit dem 18. Jahrhundert verschlechtert. Zwar musste die Landwirtschaft unter anderem aufgrund schlechter Heuqualität und geringer Erträge bald eingestellt werden, durch die Trockenlegung verschwanden jedoch großflächig Feuchtbiotope, die mit Grauweiden und Brachevegetation überwucherten. Seit der Unterschutzstellung des Bruchgrabens im Jahr 1986 werden deshalb im Rahmen des Artenschutzprogrammes und der Landschaftspflege gezielte Schutzmaßnahmen umgesetzt. Schilfflächen, Riede und Feuchtwiesen werden gepflegt und von Gehölzaufwuchs befreit. Es wurden Tümpel angelegt, die neben der Vogelwelt auch einer Vielzahl von Amphibien und Insekten zugutekommen.



In den letzten Jahren konnten die Bemühungen intensiviert werden. So wird seit 2016 eine Teilfläche der Niedermoor- und Sumpflandschaft durch den Einstau von Regenwasser wieder vernässt. Da Wasser der entscheidende Faktor für die Lebensräume und damit auch für die Tier- und Pflanzenwelt im Bruchgraben darstellt, ist die Maßnahme von höchster Priorität. Ausschließlich in weiträumig offenen Feuchtwiesenkomplexen mit hohen Wasserständen finden die bodenbrütenden Vogelarten geeignete Brutbedingungen und können ihre Jungen aufziehen. Viele dieser Vogelarten vermeiden zudem das Brüten auf Flächen, die von Gehölzreihen umrandet oder durchsetzt sind, da sie mangels Sichtweite eine Gefahr durch Fressfeinde befürchten. Im Winter 2018/19 konnte das Regierungspräsidium Karlsruhe über das „Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt“ des Landes Baden-Württemberg auf über 2,6 Hektar Gehölze und Grauweidengebüsche entfernen. Ziel dieses 2017 vom Ministerrat beschlossenen zweijährigen Programms war sowohl die Stärkung der Biodiversität in den Natur- und Kulturlandschaften, als auch die Förderung der Landnutzer, welche sich für den Erhalt der biologischen Vielfalt einsetzen.



Dieses Programm wird wegen der guten Erfolge bis 2021 fortgeführt, so dass im „Bruchgraben“ ein weiteres Projekt auf dem Weg gebracht werden konnte: Dank der außerordentlichen Unterstützung durch die Stadt Baden-Baden, des Jagdpächters und der ansässigen Bewirtschafter sowie den ehrenamtlich tätigen Vogelkundlern, die regelmäßig das Brutgeschehen der Bodenbrüter überwachen, können nun nach rund zwei Jahren Vorbereitung und Abstimmungen 17 Hektar Fläche mit Wasserbüffeln des landwirtschaftlichen Betriebes von Jonas Löscher aus Sinzheim beweidet werden. Wasserbüffel sind hervorragende Schwimmer und leben in offenen Feuchtgebieten, Sumpfwäldern und Flusstälern. Aufgrund ihrer breiten Klauen eignen sie sich für sumpfiges Weideland, das für andere Rinderarten ungünstig ist. Zum Schutz vor Insekten und zur Abkühlung halten sie sich oft stundenlang im Wasser oder im Schlamm auf. Die Büffel verzehren zudem Pflanzen, die die Hausrinder verschmähen und halten dadurch die Flächen offen. So fressen sie beispielsweise hartes Schilf, Schwaden und Rohrkolben; aber auch Blätter und Zweige vieler Gehölze stehen auf dem Speiseplan. Neben der Offenhaltung der großen Fläche ergibt sich durch das Projekt ein weiterer Vorteil: Der Elektrozaun sorgt dafür, dass Füchse ferngehalten werden, die als natürliche Fressfeinde für die Eier und Jungtiere von Bodenbrütern gelten.