05.11.2022 15:02

Sorgenfalten der IHK-Betriebe nehmen zu

Die hohen Preise für Energie, Rohstoffe und Vorprodukte machen Produzenten und Verbrauchern zu schaffen. Entsprechend trüben sich die Konjunkturaussichten für die regionale Wirtschaft deutlich ein.

Die hohen Preise für Energie, Rohstoffe und Vorprodukte machen Produzenten und Verbrauchern zu schaffen. Entsprechend trüben sich die Konjunkturaussichten für die regionale Wirtschaft deutlich ein. Der von der IHK Hochrhein-Bodensee errechnete Index für das Konjunkturklima in der Region sinkt deutlich von 114 Punkten im Frühjahr auf aktuell 85 Punkte. „Die Erwartungen der Unternehmen für die kommenden Monate gehen auf breiter Linie zurück“, so Alexander Graf, zuständig für die Konjunkturumfrage der IHK Hochrhein-Bodensee. „Der regionale Konjunkturindex ist deshalb auf das niedrigste Niveau seit Ausbruch der Corona-Pandemie 2020 zurückgefallen.“

Geschäftslage

Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage der Betriebe ist gegenüber der Befragung zum Frühjahr gesunken, der Lageindikator liegt mit 122 Punkte auf Landesniveau (123 Punkte) und in der Langzeitbetrachtung immer noch in einem guten Bereich.

Industrie robust



Der Indexwert für die Geschäftslage der Industrieunternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee ist von 142 Punkten im Frühjahr auf aktuell 120 Punkte zurückgegangen. Der Anteil der Unternehmen, die die Geschäftslage mit „gut“ bezeichnen hat sich seit dem Frühjahr von 53 auf 34 Prozent reduziert. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Unternehmen, die von einer schlechten Geschäftslage sprechen, von 11 auf aktuell 14 Prozent zu. Das sind immer noch gute Werte, zumal sich der Auslastungsgrad der Kapazitäten im Produktionssektor stabil bei 87 Prozent zeigt. Allerdings berichten im Herbst mehr Produktionsbetriebe von einer fallenden Tendenz im Auftragseingang (35 Prozent) als von einer ansteigenden Tendenz (20 Prozent). Die Zahl derer, die einen fallenden Auftragseingang zu verzeichnen haben, verdoppelt sich damit gegenüber der letzten Befragung.



Zurückhaltendes Kaufverhalten im regionalen Handel



Zurückhaltender als noch im Frühjahr fällt die Einschätzung der aktuellen Lage im regionalen Handel aus. So sind es nur noch rund 13 Prozent der Befragten, die ihre Lage aktuell als gut beurteilen. Der überwiegende Teil (80 Prozent) ist zwar zufrieden, allerdings berichten mehr als ein Drittel der Händler von gegenüber dem Vorjahresquartal gesunkenen Umsätzen. Noch negativer sieht es beim Konsumverhalten der Kunden aus. Hier berichten drei von vier Händlern von zurückhaltendem Konsum. Der Lageindex im regionalen Handel sinkt auf 104 Punkte.



Dienstleistungsbereich erfreulich



Die Lage im Dienstleistungsbereich zeigt sich, ähnlich den Vorjahren, im Herbst verbessert. Waren es im Frühjahr noch rund 18 Prozent der Dienstleister, die von einer schlechten Lage sprachen, so sind dies in der aktuellen Umfrage nur noch zehn Prozent. Und auch die Zahl der „zufriedenen“ Dienstleister hat sich in diesem Zeitraum von 42 auf 49 Prozent erhöht. Von einer guten Ertragslage sprechen aktuell 28 Prozent, der überwiegende Teil der Dienstleister (59 Prozent) sind mit der Ertragslage derzeit zufrieden. Der Lageindex im Dienstleistungsbereich steigt gegenüber dem Frühjahr auf 132 Punkte.



Erwartungen für die kommenden Monate



Stark zurückgegangen sind dagegen die Erwartungen der Unternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee über den weiteren Geschäftsverlauf. Der entsprechende Index für die Geschäftserwartungen ist von 105 Punkten im Frühjahr auf nur noch 59 Punkte im Herbst eingebrochen. Dies ist das niedrigste Niveau der letzten 25 Jahre. Aktuell sieht jeder zweite Betrieb eine schlechtere Geschäftsentwicklung in den nächsten zwölf Monaten voraus. Damit hat sich dieser Anteil gegenüber der letzten Befragung mehr als verdoppelt.

Am stärksten eingetrübt haben sich die Erwartungen unter den Produktionsbetrieben. Hier erhöht sich der Anteil der Unternehmen, die mit schlechteren Geschäften rechnen, von 16 auf 52 Prozent, während gleichzeitig die Zahl der Optimisten, die mit besseren Geschäften planen, von 39 Prozent auf nur noch zwei Prozent stark zurückgeht.

Unter den Dienstleistungsbetrieben gehen die Erwartungen ebenfalls deutlich zurück; der Anteil der Unternehmen, die für die kommenden Monate von besseren Geschäften ausgehen, liegt allerdings bei rund 16 Prozent, während auch hier jedes zweite Unternehmen mit einem sich verschlechternden Geschäftsverlauf rechnet.

Waren die Erwartungen im regionalen Handel bereits im Frühjahr eher verhalten, so schwinden sie für die kommenden Monate weiter. Nur noch sechs Prozent der befragten Händler sehen einen besseren Geschäftsverlauf in den folgenden Monaten voraus, während aktuell 46 Prozent eine Verschlechterung gegenüber der aktuellen Situation prognostizieren.

Dementsprechend vorsichtiger werden die Unternehmen was die Investitionsabsichten im Inland betrifft. Rund ein Drittel der Unternehmen im Kammerbezirk planen für die kommenden Monate mit abnehmenden Investitionsausgaben. Investiert werden soll insbesondere zur Beschaffung von Ersatzbedarfen (63 Prozent), in die Digitalisierung (59 Prozent) sowie in den Ausbau von Energieeffizienz- und Umweltschutzmaßnahmen (49 Prozent).

An den wesentlichen Planungen bezüglich der Beschäftigtenzahlen ändert sich gegenüber Frühjahr in der Wirtschaft nur wenig. So geht der überwiegende Teil der Unternehmen in der Region – 69 Prozent – weiter von einer konstanten Anzahl beschäftigter Personen in den kommenden zwölf Monaten aus. 16 Prozent rechnen mit einer tendenziell steigenden Belegschaft, 15 Prozent mit fallenden Beschäftigtenzahlen im Unternehmen.



Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung



Die Energiepreisentwicklung der vergangenen Monate wird für immer mehr Unternehmen zu einem großen Problem. Die Betriebe reagieren entsprechend und versuchen, wo möglich, auf alternative Energieträger auszuweichen, in Energieeffizienzmaßnahmen zu investieren oder einen Großteil der gestiegenen Kosten an die Kunden weiterzugeben. Bei einem Teil der Unternehmen reichen diese Maßnahmen aber kurzfristig nicht aus. Dies führt im Produktionsbereich dazu, dass aufgrund der hohen Strom- und Gaspreise aktuell rund 14 Prozent der Unternehmen ihre Produktion reduzieren. Die Unsicherheit bezüglich der weiteren Energiepreisentwicklung und der Einführung, Höhe und Ausgestaltung zukünftiger Preisbremsen lässt das Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen in der Region seit Monaten steigen. Mit 78 Prozent sind die Energiepreise das meistgenannte Risiko. Die Suche nach geeigneten Fachkräften treibt zudem zwei Drittel der Unternehmen um. Dabei werden insbesondere Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung am Markt häufig vergeblich gesucht. Aufgrund des bevorstehenden Eintritts der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand wird sich auf absehbare Zeit hier für die Betriebe keine Entspannung abzeichnen. Jedem zweiten Unternehmen bereiten momentan die Rohstoffpreisentwicklung und die gesunkene Inlandsnachfrage Sorgen. War letztere in den vergangenen Jahren immer eine Stütze im Konjunkturverlauf, so werden im aktuellen Umfeld von Unsicherheit und Inflation Konsumausgaben und Investitionen zurückgefahren. Umso wichtiger erscheint es, wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen zu setzen, die zur Stabilisierung des Wirtschaftsstandortes beitragen. Hierbei sind insbesondere Maßnahmen zur Energiepolitik, ein nennenswerter Bürokratieabbau sowie ein Belastungsmoratorium der Wirtschaft, aber auch Investitionen in die Infrastruktur notwendig.