Viele streiken - 140 Operationen abgesagt
(Freiburg) Einen Tag vor der dritten Verhandlungsrunde an den Unikliniken sind heute an den Standorten Freiburg, Tübingen und Ulm rund 1.800 Beschäftigte ganztägig im Warnstreik. Allein in Freiburg wurden 140 OPs abgesagt sowie 800 ambulante Termine.
Neben den Pflegekräften streiken unter anderem auch Laborbeschäftigte,
Therapeut*innen, Beschäftigte in der Verwaltung und der Technik sowie in Freiburg
auch die Beschäftigten der Küche, Hauswirtschaft, Logistik und Reinigung, für die
ein gesonderter Tarifvertrag gilt und für die zeitgleich Entgelttarifverhandlungen
stattfinden. Aufgrund der Notdienstvereinbarungen müssen allerdings viele auf ihr
Streikrecht verzichten, um bei sowieso schon bestehendem Personalmangel eine sichere
Versorgung der Patientinnen und Patienten aufrecht zu erhalten.
Mit den Arbeitsniederlegungen will die Gewerkschaft die Arbeitgeber dazu bewegen,
morgen ein Angebot abzugeben, das allen Beschäftigten in den Kliniken deutlich mehr
Geld bringt und auf die Erwartungen eingeht. Bisher sind die Arbeitgeber lediglich
bereit, die Pflege und die Auszubildenden zu stärken. Für die große Mehrheit der
Beschäftigten bedeutet das derzeitige Angebot Stagnation. Die Verhandlungen werden
am Dienstag ab 10.30 Uhr in Stuttgart im Waldaupark der SSB fortgesetzt, begleitet
von einem ganztägigen Warnstreik in Heidelberg.
Martin Gross, ver.di Landesbezirksleiter sagte auf Kundgebungen in Ulm und Tübingen:
„Das Angebot der Arbeitgeber würde zu einer Spaltung der Beschäftigten führen.
Spaltung ist Gift für eine Belegschaft, Gift für ein Krankenhaus. Es gibt wohl
keinen Arbeitsplatz im Land, wo das solidarische Miteinander wichtiger ist als eine
Klinik. Das muss sich auch in der Bezahlung widerspiegeln.“
ver.di Verhandlungsführerin Irene Gölz forderte auf der Kundgebung in Freiburg die
Arbeitgeber auf, ihr Angebot morgen deutlich nachzubessern: „Sinn und Zweck des
Pflegepersonalstärkungsgesetzes ist nicht, dass ein paar Bereiche gestärkt werden,
während gleichzeitig über die Hälfte der Beschäftigten gerade noch die Inflation
ausgeglichen bekommt. Das Gesetz soll der Rückenwind für einen guten Abschluss für
alle sein. Dafür erwarten wir morgen konkrete Antworten von den Arbeitgebern auf
unser Forderungspaket.“
In der zweiten Verhandlungsrunde am 25. Oktober hatten die Arbeitgeber ein erstes
Angebot vorgelegt: Sie bieten bei einer Laufzeit von drei Jahren Entgeltsteigerungen
in drei Stufen zum 1. Oktober 2019 von zwei Prozent, zum 1. Oktober 2020 von 1,5
Prozent und zum 1. November 2021 von 1,5 Prozent an. Für die Pflege soll es aufgrund
der fast vollständigen Refinanzierung zusätzlich 200 Euro im Monat mehr geben, für
die Pflegehelfer*innen allerdings nur 100 Euro. Damit würde für weit über die Hälfte
der Beschäftigten das Niveau des Abschlusses für den öffentlichen Dienst der Länder
aus diesem Jahr nicht annähernd erreicht. Über zwei weitere Themen waren die
Arbeitgeber gar nicht bereit, zu verhandeln.
ver.di fordert für die rund 25.000 von diesem Tarifvertrag betroffenen Beschäftigten
in Heidelberg, Tübingen, Freiburg und Ulm acht Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit
von 18 Monaten.
Um die Pflege zu stärken, hat der Gesetzgeber mit dem Pflegepersonalstärkungsgesetz
die Refinanzierung von Entgeltsteigerungen und Verbesserungen der Arbeitsbedingungen
für die Pflege garantiert. ver.di fordert deshalb für diese Beschäftigten 200 Euro
im Monat zusätzlich.
Die Gewerkschaft erwartet Verhandlungen über einen Tarifvertrag alternsgerechtes
Arbeiten sowie die zeitliche Höherbewertung der Samstags-, Sonntags-, Feiertags- und
Nachtarbeit: die Arbeitszeit zu diesen Zeiten soll mit dem anderthalbfachen
Zeitfaktor bewertet werden.
Für die Auszubildenden soll es unter anderem 130 Euro mehr geben sowie fünf freie
Lerntage pro Ausbildungsjahr, um sich besser auf die anspruchsvollen Prüfungen und
Klausuren vorbereiten zu können.
Für die vier baden-württembergischen Uniklinika in Ulm, Tübingen, Heidelberg und
Freiburg gilt ein eigener Tarifvertrag mit dem Arbeitgeberverband Uniklinika, von
dem rund 25.000 Beschäftigten an den vier Kliniken betroffen sind. Die Ärzt*innen
fallen unter den Tarifvertrag Ärzte Länder, das wissenschaftliche Personal als
Landesbeschäftigte unter die Tarifbestimmungen des Landes.