07.12.2020 13:49

Doppelhaushalt vorgestellt

(Freiburg) Unter außergewöhnlich schwierigen Umständen hat die Verwaltung in den vergangenen Monaten einen Haushaltsentwurf für die nächsten zwei Jahre erarbeitet. Denn wenn ein Virus die Welt auf den Kopf stellt, ist es schwierig, verlässliche Prognosen zu treffen. Es zeigte sich in den vergangenen Wochen mehr und mehr, dass das historische Krisenjahr 2020 drastische Auswirkungen auf die Haushalte von Bund, Land und auch die Kommunen hat. Am heutigen Montag wird der Entwurf nun in die gemeinderätlichen Gremien eingebracht.

Das ist der Start für die Haushaltsberatungen, die am 27. April mit dem Beschluss des Doppelhaushaltes 2021/2022 ihren Abschluss finden sollen. Auch wenn für das Haushaltsjahr2020 aufgrund der Rettungsschirme von Bund und Land(z. B.durch die Kompensation Gewerbesteuer) noch ein relativ gutes Ergebnis zu erwarten ist, müssen die nächsten beiden Jahre völlig anders betrachtet werden. Die Prognosen der kommunalen Spitzenverbände gehen von riesigen Finanzierungslücken bei den Kommunen aus. Prognostiziert wird eine Finanzierungslücke von 10 Milliarden Euro für die Kommunen. Die Dezernentin und die Dezernenten haben deshalb die Richtlinien von „sparen, priorisieren und optimieren“ für die Aufstellung des Haushalts 21/22 als Richtlinie festgelegt. Die Ausgaben sind gestiegen, die Einnahmen gesunken. Aufgrund dieses strukturellen Missverhältnisses musste inallen Bereichen eingespart und Projekte teilweise geschoben werden. Durch das Ausschöpfen der Nettokreditermächtigung aus 2019 und 2020 sowie das Vorziehen geplanter Aufwendungen nach 2020 konnte der Doppelhauhalt bereits im Vorfeld um 16 Millionen Euro entlastet werden. Die Befürwortung des Regierungspräsidiums, das Baugebiet Kleineschholz als städtebauliche Maßnahme (SEM) zu realisieren, entlastet den städtischen Haushalt ebenso. Der Ergebnishaushalt des Doppelhaushaltes schreibt mit Erträgen und Aufwendungen in Höhe von rund 1 Milliarde Euro in jeweils beiden Haushaltsjahren 2021 und 2022 die Entwicklung der Vorjahre fort, ermöglicht aber kein nennenswertes Wachstum. Auch wenn die Ansätze der Einnahmen aus Steuern, FAG-Zuweisungen und Zuschüssen für Projekte optimistisch prognostiziert sind, so liegen diese doch spürbar unter den früheren Steuerschätzungen. Gegenüber den Vorjahren wird ein deutlich geringerer Zahlungsmittelüberschuss in Höhe von 25,1 Millionen Euro in 2021 und 5,6 Millionen Euro in 2022 erreicht. In den Vorjahren lag dieser bei durchschnittlich 62Millionen Euro und mehr. Diese von uns zu erwirtschaftenden Beträge sind ein elementarer Finanzierungsbestandteil der Investitionen im Finanzhaushalt. Die erschwerten finanziellen Rahmenbedingungen lassen trotz Ausbau von Aufgaben in einer wachsenden Stadt auch nur moderate Steigerungen bei den Personalaufwendungen zu. Sie steigen auf 255 Millionen Euro in 2021 und 260 Millionen Euro in 2022. Im Vergleich dazu lagen die Personalkosten in 2020 bei geplanten 247,5 Millionen Euro. Der Zuwachs an neuen Stellen ist mit 129 der niedrigste seit Jahren. Um den Haushalt nicht weiter zu belasten, war es auch nicht möglich, die Kosten für die kürzlich verabschiedeten Tarifsteigerungenim öffentlichen Dienst bei den Haushaltsansätzen einzurechnen. Die Lohnerhöhungen für die Mitarbeitenden werden selbstverständlich gezahlt. Tarif- und Besoldungserhöhungen sowie der globale Minderaufwand in Höhe von 4 Millionen Euro pro Haushaltsjahr sind jedochaus dem Gesamtpersonalbudget sowie den Budgets der Dienststellen zu erwirtschaften. Nur so war es möglich, keine Zuschüsse zu kürzen. Insgesamt belaufen sich die im Personalkostenbudget zu erwirtschafteten Einsparungen auf 16,5 MillionenEuro. Zusätzlich ist in den Sachmittelbudgets der Ämter ein globaler Minderaufwand von 5 Millionen Euro pro Haushaltsjahr zu erwirtschaften. Mit einer Nettokreditaufnahme von 45 Mio.Euro pro Jahr verabschiedet sich das Bürgermeisteramt von dem Ziel, in den nächsten Jahren Schritt für Schritt Schulden abzubauen. Nur durch diese Kreditaufnahme und eine gleichzeitige Kassenentnahme von 33,5 MillionenEuro ist es möglich, Investitionen von 228 Millionen Euro in den nächsten zwei Jahrenzu realisieren. Schwerpunktmäßig wird in die Felder bezahlbares Wohnen, Schule und Kitas, Digitalisierung, Klimaschutz und nachhaltige Mobilität, investiert. Neben Einzelprojekten wie Augustinermuseum, dem Hochwasserrückhaltebecken Günterstal, Investitionen in das Rettungszentrum Eschholzstraße sind es zukunftsfähige Schwerpunktthemen, mit denen die Verwaltung klare politische Ausrufezeichen setzen kann: Bezahlbares Wohnen (Investitionen mit über 100 Mio.Euro), Digitalisierung (34 Mio. Euro) Schulsanierung (87,6 Mio.Euro) und Digitalisierung an Schulen (22 Mio.Euro) und Kinderbetreuung (280 Mio.Euro minus Erträge aus Gute Kita Gesetz 157 Mio.Euro) sowie nachhaltige Mobilität(85 Mio.Euro). Sinkende Einnahmen und steigende Ausgaben erfordern zur Aufgabenerfüllung die Aufnahme von Krediten. An Schuldenabbau ist in diesen herausfordernden Zeiten aus politischen Gründen nicht zu denken gewesen. Oberbürgermeister Martin Horn: „Trotz Corona dürfen wir unsere Langfrist-Ziele nicht aus den Augen verlieren. Wir haben die Pflicht, uns mit aller Konzentration den Dingen zu widmen, die fürdie Zukunftsfähigkeit unserer Stadt absolut notwendig sind.“ Und Finanzbürgermeister Stefan Breiter ergänzt: „Wir haben sehr vieles kritisch hinterfragt, und alle Punkte einer gesamtstädtischen Bewertung unterzogen. Dieser Prozess war notwendig, um die politischen Schwerpunkte als Gesamtpaket schnüren zu können.“ Und weiter: „Leider müssen wir weitere Schulden aufbauen, anstatt sie zu senken. Wir haben aber bewusst auf eine Reduzierung der Zuschüsse oder eine Erhöhung der Hebesätze bei den kommunalen Steuern verzichtet, da wir die wertvolle Arbeit der Zuschussempfänger_innen schätzen und die Bürgerschaft und das Gewerbe in diesen eh schon schwierigen Zeiten nicht durch Steuererhöhungen weiter belasten wollten. Dies wäre ein völlig falsches Signal gewesen.“Weiterhin müssten bereits bestehende Beschlüsse revidiert werden, die nunim vorliegenden Entwurf nicht leistbar sind. Dazu gehören das neue Eisstadion oder das lange beschlossene Außenbecken Westbad. Oberbürgermeister Horn: „Darüber hinaus müssen wir in der mittel- und langfristigen Finanzplanung das strukturelle Defizit im Ergebnishaushalt angehen.“ Dafür kündigte OB Horn eine Strukturreform und Konsolidierung an, mit der Verwaltungsstrukturen, Arbeitsprozesse modernisiert werden sollen, aber auch bestehende Aufgaben und Standards kritisch hinterfragt werden. „Wir müssen uns in einem gemeinsamen Kraftakt fragen, was sich die Stadt und ihre Eigenbetriebe und Gesellschaften künftig leisten kann, leisten muss und leisten darf. Gleichzeitig, gilt es, Spielräume für Themenfelder zu öffnen, in denen Zukunftsinvestitionen notwendig sind, um die Stadt und den Standort Freiburg strategisch weiterzuentwickeln. “

Beteiligungshaushalt

Unter www.freiburg.de/haushalt lässt sich der komplette Haushaltsentwurf interaktiv einsehen. Vom 4. bis zum 27. Januar 2021 können die Bürgerinnen und Bürger auf www.mitmachen.freiburg.de eigene Vorschläge zum Haushalt machen und Vorschläge von anderen unterstützen. Diese werden an den Gemeinderat übergeben. Wenn ein Vorschlag dort eine Mehrheit findet, wird Geld dafür im Haushalt bereit-gestellt. Die Stadt richtet inzwischen zum siebten Mal seit 2008 die Möglichkeit ein, sich an den Haushaltsberatungen zu beteiligen.

Weiterer Verlauf der Haushaltsberatungen: Im neuen Jahr findet die so genannte 1. Lesung statt. In der nichtöffentlichen Informationsrunde des Hauptausschusses am 18. Januar 2021 werden noch keine Entscheidungen gefällt, sondern zunächst von der Verwaltung Fragen der Stadträtinnen und Stadträte zu einzelnen Haushaltspositionen beantwortet. Die öffentliche 2. Lesung mit der Beratung und Vorentscheidung der Fraktionsanträge ist für den 22. und 23. März 2021 vorgesehen. Die Schlussberatung mit dem Satzungsbeschluss steht am 27. April 2021 auf der Tagesordnung des Gemeinderats.