21.01.2019 19:41

Mehr Anstrengungen für das Klimaschutzkonzept

(Freiburg) Missernten, Dürren, Extremwetterlagen, steigende Meeresspiegel: Der Klimawandel ist die zentrale gesellschaftliche Herausforderung unserer Zeit. Der Weltklimarat der Vereinten Nationen fordert in einem Sonderbericht im Oktober 2018 noch dringlicher zu raschem Handeln in allen Bereichen, um die Erderwärmung auf 1,5°C bis maximal 2°C zu begrenzen. Für dieses ambitionierte Ziel, muss bis zur zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts eine weltweite Treibhausgasneutralität erreicht werden.

Missernten, Dürren, Extremwetterlagen, steigende Meeresspiegel: Der Klimawandel ist die zentrale gesellschaftliche Herausforderung unserer Zeit. Der Weltklimarat der Vereinten Nationen fordert in einem
Sonderbericht im Oktober 2018 noch dringlicher zu raschem Handeln in allen Bereichen, um die Erderwärmung auf 1,5°C bis maximal 2°C zu begrenzen. Für dieses ambitionierte Ziel, muss bis zur zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts eine weltweite Treibhausgasneutralität erreicht werden.

Oberbürgermeister Martin Horn verweist auf die Erfolge Freiburgs in der Vergangenheit, betont aber auch, dass Freiburg das anvisierte Ziel der Klimaneutralität bis 2050 nicht alleine stemmen kann: „Freiburg hat im Klimaschutz bereits viel erreicht und wird darüber hinaus noch mehr Mittel in diesem Bereich einsetzen. Wir sind jedoch auf den Bund als entscheidenden Akteur angewiesen: Ohne ernst gemeinte sowie deutlich umfangreichere Anstrengungen auf Bundesebene sind unsere ambitionierten Emissionsminderungsziele nicht erreichbar. Deshalb werden wir auch versuchen, über den Städtetag auf den Bund Einfluss zu nehmen und für bessere Rahmenbedingungen werben.“

Die Stadt Freiburg nimmt seit vielen Jahren bundesweit eine Vorreiterrolle im Klimaschutz ein: Bereits 1996 hat der Gemeinderat ein erstes Klimaschutzkonzept für Freiburg mit einem Maßnahmenplan sowie den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. 2014 beschloss der Gemeinderat, die Emissionen bis zum Jahr 2030 zu halbieren und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Jetzt wird als neues Zwischenziel für 2030 eine CO2-Reduktion von – 60 % vorgeschlagen, wenn die Rahmenbedingungen sich auf Bundesebene in unterstützender Weise ändern sollten. Damit soll sichergestellt werden, dass die anvisierte Klimaneutralität 2050 erreichbar bleibt und die wichtigen Aufgaben nicht nach hinten verschoben werden. In den zurückliegenden Jahren wurden bereits zahlreiche Maßnahmen sehr erfolgreich umgesetzt, wie Neubaustandards und Energiekonzepte, das Förderprogramm „Energiebewusst Sanieren“, die städtischen Blockheizkraftwerke, der Start der Photovoltaik-Kampagne, Verkehrspolitik mit Schwerpunkt auf umweltverträgliche Verkehrsmittel, kostenlose Energieberatung im Projekt Zuhause A+++, der Green Industry Park, die Förderung regionaler Lebensmittel und der Energieberg Eichelbuck.

Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik weist in diesem Zusammenhang auf die erheblichen Anstrengungen hin, die in Zukunft nötig sein werden: „Um die Klimaschutzziele für 2030 und 2050 zu erreichen, müssen die Weichen heute neu gestellt werden. Ein „Weiter-so“ reicht nicht mehr aus. Im Sinne des Klimaschutzes als Querschnittsaufgabe, müssen die städtischen Ämter und Gesellschaften erhebliche zusätzliche Anstrengungen unternehmen und es sind entsprechend finanzielle Mittel sowie personelle Kapazitäten erforderlich, um die Erreichung der Klimaschutzziele tatsächlich realisieren zu können.“ Und weiter: „Für die Zielerreichung 2030 muss der Pro-Kopf-Verbrauch an CO2 in kürzerer Zeit um nochmal denselben Betrag wie seit 1992 gesenkt werden. Mit der Verschärfung des Ziels für 2030 wollen wir die Weichen so stellen, dass die anstehenden Mammutaufgaben beim Klimaschutz nicht den zukünftigen Generationen überlassen werden.“

Mit den zusätzlichen finanziellen Mitteln für den Klimaschutzfonds aus der Konzessionsabgabe kann die Stadtverwaltung ein deutliches Zeichen für mehr Klimaschutz setzen. Der Fondsanteil der Konzessionsabgabe für Klimaschutzmaßnahmen soll dafür von 25 % auf 33,33 % ab dem Jahr 2020 erhöht werden. Insgesamt stehen dann 2,97 Millionen Euro für 2019 und 3,83 Millionen Euro für 2020 zur Verfügung. Damit kann die Stadtverwaltung sofort in die Umsetzung gehen und zeitnah neue Projekte anstoßen.

Klimaschutzkonzept: Katalog umfasst 160 Maßnahmen Vor diesem fachlichen, politischen und gesellschaftlichen Hintergrund hat die Stadt Freiburg die Klimaschutzstrategie im letzten Jahr fortgeschrieben. Mit der Fortschreibung wurden das Öko-Institut Freiburg und das ifeu-Institut Heidelberg beauftragt. Erstmals fand die Erstellung des Klimaschutzkonzeptes unter breiter Beteiligung der Freiburger Bürgerschaft statt, deren Engagement für den Klimaschutz in Freiburg stets besonders groß war und ist. Ziel des Beteiligungsprozesses war ein Maßnahmenplan, der fachlich breit aufgestellt ist, und eine große Unterstützung in der Umsetzung erfährt. Insgesamt zwölf Expertenworkshops, ein Workshop mit dem Freiburger Klimabündnis, zwei öffentliche Veranstaltungen für Bürgerinnen und Bürger (Auftakt- und Ergebnispräsentation), ein Onlinebeteiligungsverfahren sowie eine Jugendbeteiligung fanden im Laufe von acht Monaten statt. Hier konnten etwa 900 Bürgerinnen und Bürger direkt erreicht werden. Alle Ideen und Vorschläge haben die Gutachterbüros geprüft und in Absprache mit der Verwaltung priorisiert. Als Ergebnis gibt es 90 detailliert ausgearbeitete Maßnahmenvorschläge, davon 30 als Schlüsselmaßnahmen. Zusätzlich gibt es neun Leuchttürme – als Reverenz an das 900-jährige Stadtjubiläum im Jahr 2020. Insgesamt umfasst der Katalog 160 Maßnahmen, die die Verwaltung dem Gemeinderat zur Abstimmung vorlegen wird.

Die Maßnahmenvorschläge der Gutachterbüros beziehen sich auf sechs zentrale Handlungsfelder:

1. Nachhaltige Gebäude, Verwaltung, Stadtplanung

2. CO2-freie Mobilität

3. Erneuerbare Energien

4. Nachhaltige Wärmeversorgung

5. Gewerbe und Industrie

6. Klimafreundliche Lebensstile

Nachhaltige Gebäude, Stadtplanung, Verwaltung Gebäude und Stadtplanung sind für den Klimaschutz besonders wichtig und daher mit vielen Projekten vertreten. Die privaten Haushalte benötigen beispielsweise etwa zwei Drittel ihres Endenergieverbrauchs, um Räume zu heizen. Daher sollen all jene, die ein Gebäude bauen oder renovieren wollen, angeregt werden, effizient und nachhaltig zu planen. Hierzu soll unter anderem eine kommunale Aktionsstelle zur effizienten Wohnraumnutzung eingerichtet werden. Im Gebäudebereich sollen die Sanierungsquote von derzeit 1,6 % auf notwendige 2 bzw. 3 % erhöht sowie die hohen energetischen Standards beim Neubau beibehalten werden. Dafür ist eine Erhöhung des Fördervolumens beim Förderprogramm „Energieeffizient Sanieren“ geplant.

In den Ortschaften sollen künftig Energiekarawanen zum Einsatz kommen. Eine Energiekarawane besteht aus einem Team erfahrener Energieberatern, die Hausbesitzerinnen und Mietern eine kostenlose Erstberatung vor Ort, vor allem in Ein- und Zweifamilienhäusern anbieten. Sie kommen auf Wunsch direkt ins Haus, zeigen dort energetische Schwachstellen bei Wärmeschutz und Haustechnik auf und erläutern Fördermöglichkeiten.

Klimaschutzquartiere

In sogenannten Klimaschutzquartieren – das sind ausgewählte Stadtquartiere mit homogener Siedlungsstruktur – sollen vorbildhaft Maßnahmen aus allen Handlungsfeldern umgesetzt werden, z.B. Quartierskonzepte mit Einbindung eines Sanierungsmanagers, Maßnahmen zu Fuß- und Radverkehr sowie Schwerpunkte der Kampagnen „Dein Dach kann mehr“, „Keine halben Sachen“ und „Zuhause A+++“.

Nachhaltige Wärmeversorgung

Der „Masterplan Wärme“ ist schon in Bearbeitung. Er soll wichtige Grundlagen für die zukünftige post-fossile, effiziente Wärmeversorgung in Freiburg schaffen. In diesem Plan wird unter anderem ausgearbeitet, in welchen Stadtgebieten welche Art der Wärmeversorgung, wie beispielsweise Fernwärme, Erdgas oder erneuerbare Energien, eine möglichst klimafreundliche, kostengünstige und sichere Lösung darstellen. Ein Schwerpunkt wird die Nachverdichtung der Netze entlang der bestehenden Wärmenetze sein. Neben dem Ausbau der Fernwärme sollen auch Verbindungen zwischen den einzelnen Fernwärmenetzen geschaffen werden, z. B. auf der Achse Weingarten – Staudinger – Vauban, aber auch zwischen verschiedenen Netzbetreibern, gerade im Norden Freiburgs. Als erneuerbare Energiequellen kommen Biomasse und Solarthermie in Frage, sowie die Nutzung von Abwärme oder auch der Einsatz von Wärmepumpen.

Erneuerbare Energien

Hier liegt der Schwerpunkt auf dem weiteren Ausbau von Photovoltaik und Windenergie. Sonne und Wind werden künftig in Freiburg die erneuerbare Stromerzeugung dominieren. Maßnahmen sind z. B. die Weiterführung der Kampagne „Dein Dach kann mehr“, der Ausbau der Windkraft am neu ausgewiesenen Standort „Taubenkopf“ sowie die Erneuerung der Windräder (Repowering) auf vorhandenen Standorten. Darüber hinaus sollen im Rahmen des 900jährigen Stadtjubiläums auf städtischen Gebäuden und Flächen neue Photovoltaikanlagen mit insgesamt 900 kWp realisiert werden.

CO2-freie Mobilität

Weniger Verkehr sorgt neben der CO2-Reduzierung auch für eine bessere Luftqualität und damit für eine Steigerung der Lebensqualität. Klimapolitisch die größte Wirkung haben dabei jene Maßnahmen, die versuchen, den Autoverkehr zu reduzieren. Für Freiburg soll daher der Ausbau der Radwege, insbesondere auch der Radschnellwege zwischen den Umlandgemeinden der Stadt sowie die Umstellung auf Elektrobusse fortgeführt, unterstützt und damit beschleunigt werden. Weitere verkehrliche Maßnahmen, die positiv auf den CO2-Ausstoß wirken und gleichzeitig auch andere Ziele in der städtischen Verkehrspolitik verfolgen, wurden vom Garten- und Tiefbauamt, insbesondere im Rahmen des Green-CityMasterplanes erarbeitet, wie beispielsweise das E-Mobilitätskonzept und das City-Logistik-Konzept.

Gewerbe und Industrie

Gewerbe und Industrie machen bei der Klimaschutzbilanz von 2014 immerhin 19,3 % bei den CO2- Emissionen aus. Das sehr erfolgreiche Projekt „Green Industry Park (GIP)“ soll deshalb fortgeführt und auf weitere Gewerbegebiete übertragen werden. Um in Zukunft auch den Einzelhandel verstärkt einzubinden, wird die Initiative des Bundes „Klimaschutzoffensive Einzelhandel“ in Freiburg beworben und umgesetzt.

Nachhaltige Lebensstile

Neben den eher technischen Maßnahmen ist die Frage des Ressourcenverbrauchs und des künftigen Lebensstils eine zentrale Stellschraube, an der sich die Erfolge der Klimaschutzmaßnahmen entscheiden. Hierbei geht es vorrangig um die Bereiche Bildung, Konsum und Ernährung. Um die Bildung zu Klimaschutzthemen zu fördern, sind unter anderem folgende Angebote geplant: Einrichtung eines WaldKlimaschutzlabors am Waldhaus, Klima-Kunst- Wettbewerbe im Rahmen einer Bildungskampagne an Schulen, der sogenannten 50/50-Kampagne oder auch die Intensivierung der Kooperation mit Bauernhöfen als Lernorte. Nachhaltiges, d.h. biologisches, regionales und fleischarmes Essen in Kantinen, Mensen, Kitas und Betrieben als Fortsetzung der erfolgreichen „Kantinentage“ sowie die Bewerbung als BioMusterregion unterstreichen die Bedeutung der Ernährung für den Kommunalen Klimaschutz.

European Energy Award

Die Stadtverwaltung selbst ist sich ihrer Vorreiterrolle und ihrer Vorbildfunktion bewusst und hat sich daher zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu werden. Zur Erfolgskontrolle führt die Stadt den European Energy Award als internationales Qualitätsmanagement- und Zertifizierungsinstrument für Kommunale Klimaschutzpolitik ein.

Neun Leuchttürme anlässlich des 900-jährigen Stadtjubiläums

Zum 900-jährigen Stadtjubiläum 2020 sollen als Referenz 9 Leuchttürme aus dem Klimaschutzkonzept vorrangig umgesetzt werden. Dazu gehören die bereits erwähnten Projekte wie die Ausweisung eines Klimaschutzquartiers, die Erhöhung des Fördervolumens beim Förderprogramm „Energieeffizient Sanieren“, die Einrichtung einer kommunalen Aktionsstelle zur effizienten Wohnraumnutzung, die klimaneutrale Verwaltung bis 2030, die Umstellung auf Elektrobusse, die Übertragung des Projektes „Green Industry Park“ sowie das nachhaltige Essen in der Gemeinschaftsverpflegung. Ein ambitioniertes Energiekonzept für das neue SC-Stadion als Vorbild und Leuchtturm und die Nutzung der Niedertemperaturabwärme im Industriegebiet Nord vervollständigen die 9 Leuchttürme.